CO2-Kompensation
Lasst uns die Mechanismen und Grenzen der CO2-Kompensation im Kampf gegen den Klimawandel ergründen und dabei die Nuancen zwischen Beitrag und CO2-Neutralität aufdecken.
CO2-Kompensation
CO2-Kompensation wird oft als Marktmechanismus präsentiert, der es Ländern, Unternehmen oder Einzelpersonen ermöglicht, ihren CO2-Fussabdruck durch den Kauf von CO2-Gutschriften (oder CO2-Krediten) zu verringern. Diese Gutschriften werden in Form von Zertifikaten ausgestellt, die einer Tonne aus der Atmosphäre entnommenem CO2 entsprechen. Sie beruhen entweder auf einer anderswo realisierten Emissionsreduzierung (vermiedene Emissionen) oder auf einer Sequestrierung von Kohlendioxid (CO2).
Gutschriften für vermiedene Emissionen werden in der Regel dadurch erzielt, dass eine Quelle von Treibhausgasen (THG) durch eine klimafreundlichere Alternative ersetzt wird, z. B. durch die Nutzung von Sonnenkollektoren oder Biokraftstoffen, oder durch die Finanzierung von Energiesparprojekten. Gutschriften für CO2-Sequestrierung hingegen stammen überwiegend aus Projekten zur Wiederaufforstung oder zur Speicherung von Kohlenstoff im Boden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist ein Aufpreis auf Flugtickets, mit dem das Pflanzen von Bäumen finanziert wird, um die CO2-Emissionen des Fluges zu kompensieren.
In der Theorie funktioniert der Kompensationsmarkt ganz einfach: Der Käufer von CO2-Gutschriften kann die entsprechende Menge CO2 von seinen eigenen Emissionen abziehen. In Entwicklungsländern können Emissionen zu geringeren Kosten als in der Schweiz verringert werden. In Wirklichkeit scheint es jedoch wenig Kontrolle über die Wirksamkeit der verschiedenen CO2-Kompensationsprojekte zu geben. Dieser Markt ist weitgehend unreguliert. Immer mehr Studien unterstreichen die Tatsache, dass die tatsächliche Wirksamkeit von CO2-Kompensationsprojekten sich als deutlich geringer erweist als ursprünglich angenommen. Darüber hinaus besteht ein gewisses Risiko bei der Kommunikation zur CO2-Kompensation. So ist es beispielsweise problematisch zu suggerieren, dass durch Kompensation die CO2-Neutralität erreicht werden kann.
Immer mehr Stimmen fordern eine klare Unterscheidung zwischen Emissionsreduktionen, die durch den Kauf von Gutschriften erzielt werden, und solchen, die von den Akteuren selbst realisiert werden – dies ist im Übrigen auch die Praxis bei internationalen Standards wie dem Greenhouse Gas Protocol oder der Science-based Target Initiative.
Dieses Hinterfragen wirft einen entscheidenden Punkt auf: CO2-Kompensation allein führt langfristig nicht zur CO2-Neutralität. Im Gegensatz zu den Behauptungen einiger Kompensationsanbieter kann diese Strategie nicht als globale Lösung im Kampf gegen den Klimawandel angesehen werden. Globale CO2-Neutralität wird erst dann erreicht, wenn die Treibhausgasemissionen drastisch reduziert und die verbleibenden Emissionen durch die Sequestrierung einer gleichwertigen Menge atmosphärischen CO2 ausgeglichen werden. Dies setzt vonseiten sämtlicher Akteure Emissionsreduktionen voraus, die nicht durch den Kauf von CO2-Gutschriften erreicht werden können.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass CO2-Kompensation als ergänzendes Instrument im Kampf gegen den Klimawandel eine Rolle spielen kann, aber kein Ersatz für eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen ist und nicht als Wundermittel betrachtet werden sollte. Laut dem Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) ist es zur Einhaltung der im Pariser Übereinkommen festgelegten Ziele zwingend erforderlich, die Emissionen bis 2050 im Vergleich zu 1990 um 90% zu reduzieren und die verbleibenden Emissionen zu sequestrieren. Um die CO2-Neutralität zu erreichen und die schwerwiegendsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden, sind ehrgeizigere Massnahmen für eine wesentliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen unerlässlich.
Quelle: «Quels sont les mécanismes et les limites de la compensation carbone? », Coord21, Mai 2022 https://www.youtube.com/watch?v=b9VqEbq-sX0&t=1s



















