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Freiburg

Sonntagspromenade

Im Schönberg-Quartier wachsen die Puppen auf den Sträuchern. Ein Windstoss, schon droht die aufgerissene leere Verpackung von der Bambushecke herunterzufallen. Grelles Pink auf grünem Hintergrund. Ein Kunstwerk, wenn es nicht so traurig wäre. Die zurückgebliebene Hülle, ein Kokon. Und die geschlüpfte Plastikpuppe? Von ihr weit und breit keine Spur – sonnt sich vermutlich in den Händen eines koketten Kindes. Es ist einer der wärmsten Sommer in der über 155-jährigen Messreihe, ein paar verlorene Gummibärchen sind eins mit dem Asphalt geworden.

Wenige Meter weiter spriessen Kroketten aus dem Boden, Koteletts kauern im Gras. Erinnerungsfetzen eines Nachbarschaftsfestes inmitten einer Urban-Gardening- Fläche, zerknüllte Hygienemasken und andere sommerliche Schweinereien. Ein unangenehm säuerlicher Geruch liegt in der Luft. Country’s Best super Deal, dreiundreissig Prozent Rabatt, dreifünfundneunzig für fünfhundert Gramm. Die noch halbvolle Plastikverpackung als Silbertablett für den Fliegenschwarm-Festschmaus. Und die Sau sieht jetzt immerhin zum ersten Mal Gras. Nie hat sie das raschelnde Geräusch von Stroh vernommen, dafür knackt es ganz schön in den Köpfen derjenigen, die sie hier haben liegen lassen. Würde man jene Köpfe aufbrechen, da wäre reichlich Stroh zu finden. Aber hier können wir es uns leisten, die Tiere so zu halten und wegzuwerfen, wir sind ja schliesslich nicht in China. Unsere Schweizer Sau kommt nicht aus dem fernen Osten, sie ist keine Fledermaus und kein Gürteltier, die uns gefährlich werden können. Sie bringt uns nicht Corona ins Haus, sie bleibt schön in ihrer Bucht, wo es sich hingehört, auf 1.25 Quadratmeter, das muss reichen. Wir werfen keine Perlen vor die Säue, wir geben ihnen bereits mehr, als ihnen zusteht. Und so eine porzine Influenza war doch auch gar nicht so schlimm, die Welt steht auch mehr als ein Dezennium später immer noch, oder etwa nicht?

Gehören auch zum Inventar: verkohlte, auf dem Grillrost vergessene Chicken Wings. Zwei Stück auf sechzig Zentimeter Durchmesser. Üblicherweise teilen sich zehn Hühner einen Quadratmeter Fläche im «artgerechten Stall». Der Tod hat sich für die richtig gelohnt! Die zitternde Papiertasche im Föhnwind könnte als letzte Ruhestätte dienen, wenn jetzt nicht eine Greifzange oder ein paar Handschuhe fehlen würden. 

Im Schönberg-Quartier wachsen die Puppen auf den Sträuchern und im Gras kauern die Koteletts. Gummibärchen zieren die Strassen. Hier ist alles ein wenig sonderbar.